Montag, 25. Februar 2008

"trend": Kdolsky über generelles Rauchverbot

Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky regt eine Diskussion arüber an, Zigaretten überhaupt zu verbieten

Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky lässt zum Thema Rauchen aufhorchen. In einem ausführlichen Interview in der am Montag erscheinenden Ausgabe Wirtschaftsmagazin "trend" erklärt sie wörtlich: "Ich sage Ihnen provokant etwas, weil ich da Fachexpertin bin: Wenn alle Menschen glauben, dass Rauchen wirklich so schädlich ist, dann müssen wir es ganz verbieten. Dann dürfen wir Zigaretten auch nicht verkaufen. Ich bin zu dieser Diskussion gern bereit."
   Ansonsten vertritt die im Interview durchaus emotional agierende Ressortchefin ambivalente Positionen zu sensiblen Thema. Sie halte die "Freiheit des einzelnen" für besonders wichtig, jeder solle "in seinem Bereich tun können, was er möchte".
   Angesprochen auf das Thema "Passivrauchen" erklärt die Ministerin, dass es "große Diskurse zu dem Thema" gebe; die Behauptung, dass Passivrauchen bis zu hundert Tote pro Jahr verursacht, könne sie "nach Kenntnis der aktuellen wissenschaftlichen Studien nicht bestätigen".
   Kdolsky verweist darauf, dass Österreich "das erste europäische Land war, das in allen überdachten öffentlichen Bereichen ein allgemeines Rauchverbot ausgesprochen hat." Auf die Frage, warum dann in der Cafeteria im Ministeriumsgebäude geraucht werde, reagierte die Ressortchefin heftig: "Das macht mich wirklich ärgerlich. Als Gastronomiebetrieb darf dort nach derzeitiger Rechtslage noch geraucht werden. Außerhalb des Lokals besteht selbstverständlich Rauchverbot. Wir wissen aber, dass das bestehende Gesetz Lücken bei Kontrolle und Sanktionen hat."
   Sie wolle, so die Ministerin weiter, "Kein Spitzelwesen." Generelle Rauchverbote in Lokalen wären sinnlos, denn, so Kdolsky:
"In Italien wird leider nicht weniger geraucht als vorher, nur eben auf der Straße. Es gibt keine rezenten Studien, dass sich durch ein Rauchverbot in Lokalen das Rauchverhalten ändert."
   Zur Zeit, so Kdolsky, gebe es zwischen den Parteien eine "Nachdenkpause", neuerliche Gespräche verspricht  sie für "Mai oder Juni". Sie habe jedoch "einen fix fertigen Gesetzesvorschlag zum Nichtraucherschutz vorgelegt." Auf die Frage, warum dieser nicht diskutiert werde, sagt Kdolsky: "Weil es auch andere Dinge gibt, die wir zu tun haben. Ich arbeite in einem der themenreichsten Ressorts. Ich möchte die Menschen ohne Zwang zu einem Umdenkprozess bringen."
   Den von WKO-Präsident Christoph Leitl im "trend" geäußerten Vorschlag, im Gesundheitsbereich ein Bonus-Malus-System zu implementieren, unterstützt Kdolsky generell: " Anreizsysteme sind zu überlegen."  Wie die genau aussehen sollten, könne sie "jetzt nicht sagen. Ich mag nur das Wort Malus nicht. Bedrohung, Kontrolle, Malus, das ist nicht meine Art der Politik."
   Für das Gesundheitssystem insgesamt sieht Kdolsky nach wie vor drei Milliarden Euro Einsparungspotenzial, "das ist auch die Einschätzung der Experten."  Es sei in einem derart komplexen System "aber nicht möglich, auf Punkt und Beistrich Zahlen zu nennen". Chancen auf "Potenzialhebung" sieht sie im Spitalsbereich: "Wir haben in Österreich eine Spitalslastigkeit. Zuviel Akutbetten, zu wenig Rehabilitationsbetten. Wir brauchen Synergien, Schwerpunktsetzungen. Wir können nicht mit dem Gießkannenprinzip in dreihundert Spitälern Universitätskliniken errichten." Die Kassen, so Kdolsky, seien "nicht pleite. Davon kann keine Rede sein, die Zahlen sind besser als die Vorausschau." Zusammenlegungen von Kassen seien nicht nötig, "nur die Leistungskataloge müssen österreichweit abgestimmt werden."
   Für sich und ihr Ressort verlangt Kdolsky im Gespräch mit dem "trend"  "auf jeden Fall" mehr Kompetenzen. "Das wäre ein wesentlicher Faktor. Derzeit ist meine Aufgabe, den Strukturplan Gesundheit zu erarbeiten. Die Umsetzung ist Länderaktivität." Die Ministerin führt aus: "Jedes Mal wenn sich die Gesundheitsministerin in die Agenden des Hauptverbandes einbringt, wird am nächsten Tag darauf hingewiesen, dass ich mich wo anders einmischen soll."
   Das Tempo bei der Umsetzung der Gesundheitsreform findet sie "in Ordnung". Sie arbeite seit 26 Jahren im System und "seit Neuestem wird da Druck hineingebracht. Ich sage: Nehmen wir den Zeitdruck heraus, um gemeinsam tragfähige Lösungen zu erarbeiten."
   Dieses Österreich mit seinen acht Millionen Einwohnern brauche für den Gesundheitsbereich nicht mehr als die aktuell gültigen 26 Milliarden Euro, so Kdolsky. "Wenn wir alle Effizienzpotentiale nutzen, brauchen wir nicht mehr. Jedenfalls kann man nicht immer Geld nachstopfen, wenn jemand schreit."

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